Eine neutrale wissenschaftliche kununu-Analyse zeigt: Nie wurden Arbeitgeberantworten auf Bewertungen mehr gelesen als derzeit
„reruiweopoiw“ – so lautet die Antwort eines DAX-Unternehmens auf eine kununu-Bewertung. Den Antwort-Schlüsselreiz des HR-Vertreters kann man nachvollziehen, lautete doch der wenig griffige Titel der 1,0-Bewertung so: „sdfasdfdsf“. Immerhin findet hier ein Dialog auf Augenhöhe statt, möchte man meinen. Auf der anderen Seite: Was mögen wohl die zahlreichen Mitlesenden denken, die auf kununu unterwegs sind, um sich für oder gegen eine Bewerbung bei einem Arbeitgeber zu entscheiden? Im besten Fall attestieren sie dem antwortenden Arbeitgeber aus unserem Beispiel einen feinen Sinn für Humor. Im schlechtesten Fall unterstellen sie ihm aber, nicht wirklich gut mit Kritik umzugehen.
Eines ist in jedem Fall klar: Die Frage, wie sie diese Antwort einschätzen sollen, stellen sich eine ganze Menge kununu-Nutzer. Denn satte 83,2% von ihnen lesen Arbeitgeberantworten auf Bewertungen. 46,4% sogar immer oder oft. Das ist ein Ergebnis einer brandneuen wissenschaftlichen Studie eines interdisziplinären Forscher-Teams aus Österreich, die sich schon zum zweiten Mal mit Arbeitgeberbewertungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt befasst haben. Für die Wissenschaftler befragte das Trendence Institut 1.528 Bewerbende von denen wiederum 1.050 angaben Bewertungsportale wie kununu für ihre Jobsuche zu nutzen. Wir haben einmal die wichtigsten Ergebnisse zusammengetragen, weil sie zeigen: Das Antwortverhalten auf kununu & Co. ist von ganz entscheidender Bedeutung für Recruiting und Employer Branding von Arbeitgebern.
Arbeitgeber-Statements auf kununu: Kandidat*innen wollen es
Die Studie zeigt deutlich: Wer sich Bewertungen stellt, handelt ganz im Sinne der Jobsuchenden. Bewerber*innen wollen, dass Arbeitgeber auf Bewertungen antworten. Eine Antwort auf Bewertungen begrüßen 71,9% aller Kandidat*innen, die auf Plattformen wie kununu oder Glassdoor unterwegs sind. Gerade einmal 5,9% halten eine Antwort-Praxis für schlecht. Wir folgern daraus: Arbeitgebermarken definieren sich nicht zuletzt auch über Kritikfähigkeit. Denn in erster Linie antworten Arbeitgeber für die Mitlesenden und erst in zweiter Linie dem einzelnen Bewertenden. Wer diese eigentliche einfache Wahrheit schon einmal verstanden hat, ist einen ganzen Schritt weiter als andere arbeitgeberseitige Wettbewerber.
Zunächst auf Bewerter-Seite, aber durchaus offen für andere Meinungen
James Hetfield schmettert in seinen besten Momenten folgenden Satz in die Mikrofone großer Bühnen: „Trust I seek and I find in you. Open mind for a different view”. Diese Songzeilen haben viele kununu-Nutzende offenbar im Ohr. Denn 42,3% stehen zwar zunächst auf Seiten der Bewertenden, wenn sie beispielsweise Kritik an einem Arbeitgeber lesen. Diese parteiergreifende Haltung ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. Mehr als drei Viertel der Studienteilnehmenden räumen nämlich ein, ihre Meinung zu ändern, wenn sie eine Arbeitgeberantwort plausibel finden. Dazu kommt: Mehr als die Hälfte (51,4%) müssen gar nicht „gedreht“ werden, denn sie treten zunächst ohne Vorbehalte an einen Dialog zwischen Bewertenden und Arbeitgeber heran. Sie bewerten diesen erst anhand des kompletten Zwiegesprächs zwischen Bewerter*innen und Arbeitgeber, sind also von vorneherein offen.
Sachliche und faktenorientierte Argumentation gewinnt Kandidat*innen
50,3% der Studienteilnehmer*innen geben im Rahmen der wissenschaftlichen Befragung an, vor allem die Art und Weise der Argumentation der Arbeitgeber zu checken. Anhand der Erkenntnisse, die sie für sich daraus ziehen, entscheiden sie, ob dieser für sie infrage kommt oder nicht. Ein Beispiel: Beim Dementieren eines kritischen Vorwurfs, der aus Sicht des Unternehmens nicht zutrifft, schätzen 62,8% der kununu-Nutzenden eine sachliche Sprache. Weitere 67,9% wünschen sich eine faktenorientierte Argumentation seitens der Arbeitgeber, um sich selbst ein Bild der Situation zwischen Unternehmen und Bewertendem zu machen. Wer also souverän, sachlich und anhand von nachvollziehbaren Daten argumentiert, stellt nicht nur richtig, sondern gewinnt noch dazu Bewerber*innen. So viel Recruiting war noch nie in kununu.
Ausgewogene Bewertungen stehen am höchsten im Kurs
Ganz abgesehen davon, wie Arbeitgeber auf Bewertungen reagieren, hat sich kununu aus Sicht vieler Bewerber*innen endgültig vom Status der „Auskotz-Plattform“ verabschiedet. Vielmehr sind kununu-Nutzende an ausgewogenen Bewertungen interessiert, um sich so ein vernünftiges Meinungsbild über ein Unternehmen bilden zu können. So finden aktuell 71,5% der Nutzer von Arbeitgeberbewertungsplattformen primär ausgewogene Bewertungen hilfreich, wenn sie sich für oder gegen einen Arbeitgeber entscheiden möchten. Extreme Kritik hingegen wird von vielen Teilnehmenden (42%) als unglaubwürdiger Racheakt eingestuft. Besonders positive Kritik ist lediglich für 4,1% hilfreich. Dazu passt das konkrete Nutzungsverhalten der Kandidat*innen. 63,7% von ihnen nehmen sich die Zeit, in Bewertungen dezidiert nach Arbeitgeberkriterien wie Kollegenzusammenhalt, Führungsverhalten oder Gehalt Ausschau zu halten.
Unser Fazit aus der Studie:
Unsere These, dass Employer Branding auch und in immer höherem Maße durch arbeitgeberseitiges Handeln auf kununu gebildet wird, hat sich durch diese neutrale und noch dazu wissenschaftliche Studie noch einmal verhärtet. Ein enormer Anteil an Jobsuchenden liest die Antworten von Arbeitgebern und gewichten diese. So nehmen Kandidat*innen die Argumentation der Unternehmen nicht nur zur Kenntnis, sondern ziehen sie zu Rate, wenn die Bewerbungsentscheidung ansteht. Das heißt im Klartext nicht mehr und nicht weniger als: Arbeitgeberantworten auf kununu & Co sind bewerbungsrelevant. Wer sich hier kritikunfähig, sarkastisch, subaggressiv oder gleichgültig zeigt oder gar nicht erst reagiert, verliert gefragte Talente an einer wichtigen Station der Candidate Journey – ein Luxus, den sich derzeit sicher kein Arbeitgeber leisten kann.