Rund 40.000 Mal beschweren sich Mitarbeitende auf der Bewertungsplattform kununu über Mobbing. Die Reaktion der meisten Unternehmen auf den Vorwurf: Schweigen.
„Mobbing bedeutet, dass jemand am Arbeitsplatz systematisch und über einen längeren Zeitraum schikaniert, drangsaliert, benachteiligt und ausgegrenzt wird“, heißt es in einem 2009 von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zum Thema Mobbing publizierten Ratgeber. Die rund 40.000 Mail auf der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu-veröffentlichten Mobbing-Posts sind erst einmal also ein knallharter Vorwurf.
Mobbing als Volkssport
„Eine ausgeprägte Mobbing Kultur ist dort gang und gebe“, heißt es in der Überschrift zu einer Arbeitgeberbewertung eines Mitarbeitenden in einem Industrieunternehmen. Mitarbeitende aus anderen Unternehmen berichten von „systematischem Mobbing“. „Mobbing war eine Art Volkssport“ schreibt ein Bewerter gar über seinen ehemaligen Arbeitgeber.
Wo "Mobbing" draufsteht, ist nicht immer "Mobbing" drin
Der Eindruck entsteht, dass nicht immer, wo auf kununu „Mobbing“ steht auch echtes „Mobbing“ in Form systematischer Drangsalierung dahintersteckt. Gemeint sind oft negative Verhaltensweisen von unfreundlichen oder unprofessionellen Führungskräften. Das schützt die kritisierten Arbeitgeber allerdings nicht davor, dass solche „Mobbing“-Kommentare am Ende doch als „Mobbing“ gelesen werden. Und wer möchte sich von einem Arbeitgeber in spe schon gerne „mobben“ lassen?
Showstopper in der Candidate Journey
Das heißt die Kritik am „Mobbing“ wird möglicherweise schnell zum Showstopper auf der Candidate Journey, der digitalen Reise von Jobsuchern zum Arbeitgeber. Denn Google liebt Bewertungsinhalte und spült solche Kommentare gerne in die Suchanfragen nach Jobs und Arbeitgebern. Laut einer 2022 veröffentlichten Studie der Wirtschaftsuniversität Wien reicht vier von zehn kununu-Nutzern ein einziger negativer Kommentar und sie verzichten auf eine Bewerbung bei dem entsprechenden Unternehmen.
Schweigen als Verstärker
Mobbingvorwürfe entfalten gerade deshalb eine besonders negative Wirkung, weil die Arbeitgeber am anderen Ende der Leitung meist mit Schweigen reagieren. Das ist zwar schockierend, für Kenner:innen der Materie aber nicht weiter verwunderlich, weil den meisten Arbeitgebern zur auf kununu veröffentlichten Kritik ihrer Mitarbeitenden und Bewerbenden generell nichts einfällt. Die große Mehrheit der auf kununu bewerteten Arbeitgeber hat noch nie auf eine Bewertung reagiert, obwohl sich sieben von zehn Bewerbern wünschen, dass Arbeitgeber auf Kritik antworten.
Normenorientierte Antworten und Wahrnehmungsstörungen
Und die wenigen Arbeitgeber, die antworten? Sie verweisen meist auf die im Unternehmen gültige Norm – oder explizite Regel. Oft in Form von langatmigen Zitaten des Unternehmensleitbilds und ohne dabei kenntlich zu machen, dass sie nicht die Praxis beschreiben, sondern ein von ihrer Organisation formuliertes Idealbild. Damit attestieren sie den Bewertenden eine Art „Wahrnehmungsstörung“. Auch das wirkt auf mögliche Leser:innen weder sympathisch noch nachvollziehbar.
Wie Arbeitgeber produktiv mit Bewertungen umgehen und angemessen auf negative Kritik antworten, erfahren Sie in unserem nächsten Power-Seminar kununu für Arbeitgeber am 2. und 3. April 2024.